Kultur

Alle gemeinsam für die Halle für Alle

Dr. Julian Petrin

Urbanist und Stadtforscher

Lesezeit

10.03.2025

München bekommt einen neuen Freiraum, mitgestaltet durch die Menschen der Stadt. Mitten in Neuhausen, zwischen Hauptbahnhof und Schloss Nymphenburg, wird die denkmalgeschützte ehemalige Paketposthalle zu Europas größtem überdachten Freiraum und zum lebendigen Zentrum eines neuen Stadtquartiers im Münchener Westen. Einst ein Logistikzentrum der Deutschen Post, soll dieses architektonische Juwel zu einem Beispiel für eine außergewöhnliche Umwandlung eines Funktionsgebäudes werden – und zeigen, dass sich ein solches Projekt gemeinsam mit den Menschen in der Nachbarschaft und der ganzen Stadt entwickeln lässt.

Im Frühjahr und Sommer 2023 waren die Münchner*innen eingeladen, in einem halbjährigen Co-Kreationsprozess ein Nutzungskonzept zu entwickeln, das heute Grundlage für die weitere Planung der Hallengestaltung und das erste Testen von Nutzungsideen ist. In einem ersten Schritt des Beteiligungsprozesses ging es um das Sammeln von Nutzungsideen: welche Aktivitäten sollten in der Halle Platz finden – wie würde man diese organisieren und wie könnte man sie gestalterisch umsetzen? Über 1.200 individuelle Ideen wurden online und über sogenannte „Beteiligungskits“ eingebracht. Gemeinsam mit Expert*innen wurden die Ideen im Rahmen eines öffentlichen Votings und eines mehrtägigen Designcamps auf Machbarkeit geprüft und zu einem tragfähigen Gesamtkonzept weiterentwickelt, das Sportaktivitäten, Kultur, Gastronomie, Nachbarschaftsaktivitäten sowie Indoor-Grün vereint – und die Grundlage für die weitere Planung bildet.
Der Prozess setzte Maßstäbe, indem er eine derart komplexe und ambitionierte Projektentwicklung von Anfang an als Bottom-Up-Prozess anlegte und zeigte, dass es möglich ist, die Menschen auch bei einer solch besonderen Planungsaufgabe kreativ und offen mitwirken zu lassen. Durch die enge Co-Kreation zwischen Ideengeber:innen und den beteiligten Expert:innen der planenden Büros und aus der Verwaltung konnte sichergestellt werden, dass die Ideen der Beteiligten den gesetzten Rahmenbedingungen der komplexen und ambitionierten Projektentwicklung Rechnung tragen – z.B. den Vorgaben des Denkmalschutzes, der wirtschaftliche Tragfähigkeit des Betriebs und der Verträglichkeit mit dem umgebenden Quartier.

Ermöglicht wurde der Beteiligungsprozess durch eine enge Kooperation von öffentlicher Hand und privater Eigentümerin: Beauftragt und finanziert wurde das einmalige Verfahren von der Büschl Unternehmensgruppe, inhaltlich und methodisch entwickelt im engen Zusammenspiel mit der Landeshauptstadt München (LHM). Die Konzeption und Durchführung des Verfahrens lag in der Hand von urbanista in Arbeitsgemeinschaft mit dem Münchner Büro Bricks and Stories und der Kommunikationsagentur texbau.media. In allen Phasen des Prozesses wurde eng mit der lokalen Bevölkerung, Nachbarschaftsvereinen, Stadtteilbibliotheken, Schulen und weiteren lokalen Akteuren kooperiert.

Der Prozess schuf eine stadtweite Dynamik, die den ehemaligen Logistikstandort wieder in den Fokus der Öffentlichkeit rückte und eine zukünftige Identität des Ortes mit einer aktiven Community aufbaut – ein wertvolles Fundament für die weitere Entwicklung des Freiraums. Durch die Vielzahl der Ideen wurden Bedarfe sichtbar gemacht, die über den Prozess zur Paketposthalle hinaus stadtweite Wirkung entfalten können. Das Projekt zeigt: Umfangreiche Beteiligungsprozesse, die Bürger:innen aktiv in Gestaltungsprozesse und Entscheidungen einbinden, sind weiterhin möglich – wenn sie verbindlich sind, die Ideen der Beteiligten ernst nehmen und die Menschen zur echten Co-Kreation einladen.

Auf der Basis der Beteiligungsergebnisse tritt das Projekt 2025 in die Phase der Zwischennutzung und der weiteren Planung ein – der nächste Schritt auf dem Weg, die Ideen der Menschen Realität werden zu lassen und einen einmaligen überdachten Freiraum als Herz eines neuen Stadtquartiers zu schaffen.

Das könnte dich auch interessieren:

Diese Webseite nutzt externe Komponenten, wie z.B. Google Analytics und Vimeo welche dazu genutzt werden können, Daten über Ihr Verhalten zu sammeln. Datenschutzinformationen

Notwendige Cookies werden immer geladen